Per Anhalter in die Universums-Bibliothek

Es gleicht einem literarischen Ritterschlag, wenn ein Werk in Reclam Universal-Bibliothek erscheinen darf. Als Nr. 19744 ist dort nun auch „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ von Douglas Adams in der ritzeroten Reihe der Fremdsprachentexte erschienen. Nach ausgewählten Episoden und Sketchen aus „Monty Python’s Flying Circus“ und „Fawlty Towers“ beweist Reclam wieder einmal mehr, dass es nicht nur Shakespeare oder zu Tode behandelte Schulklassiker zwischen die schlichten Pappdeckel packen kann.

Man mag einwenden, dass einem „Kultbuch“ wie dem „Hitchhiker“ hier eher zweifelhafte Ehre erwiesen wird. Droht hier etwa eine schleichende Akademisierung britischer Comedy? Denn die hat doch in erster Linie eins zum Ziel: Gelächter und nicht etwa eine detailierte Annotation und Kommentierung. Dennoch kann es natürlich nicht schaden, wenn jungen Menschen auch populäre Bücher mit hilfreichen Erläuterungen angeboten werden. Wer auf Anhieb weiß, was „gnat“, „parched“, „cauterized“ oder „dais“ bedeutet, der werfe das erste Dictionary.

Reinhard Gratzke, über den nichts Näheres zu erfahren ist, hat den Text mit zahlreichen Fußnoten versehen, die zumeist hilfreicher Natur sind und Vokabeln übersetzen oder Eigennamen erläutern. Manchmal trägt es den Herausgeber aber auch aus der sicheren interpretatorischen Spur, wenn er versucht Anklänge in den Adamschen Neologismen zu wittern:


„1 frood (neol.): Anklänge an (infml.) dude >Kerl< und Frodo (Protagonist in Tolkiens The Lord of the Rings).
[S. 59]

„8 Damogran: fiktiver Name eines unbedeutenden, abgelegenen Planeten; evtl. ironische Umkehrung von (Fr.) grande dame >würdige ältere Dame< zu damn old gran >verdammte alte Oma<.
[S. 71]

Wenn Gratzke in „Blagulon Kappa“ (S. 284) gar ein „gulag“ erspäht, dann verfällt er gänzlich in kabbalistische Buchstabenschiebereien, die nicht allzu viel Erkenntniswert bringen. Douglas Adams hätte vermutlich auf die Frage, was er sich bei den einzelnen Wortschöpfungen gedacht hat, geantwortet: „Nichts. Es klang gut.“ Andererseits unterlässt es Gratzke ausgerechnet die Namen „Ford Prefect“ und „Arthur Dent“ zu erläutern, präsentiert diese dafür aber innerhalb einer eigenwilligen „sehr provisorischen Typologie der Namen bei Adams“ (S. 292), als ob damit ein Petunientopf für Originalität zu gewinnen wäre.

Dennoch geben die Anmerkungen ein paar hilfreiche Fingerzeige, welches Material vor allem aus der Populärkultur mehr oder weniger verfremdet Eingang in den Hitchhiker gefunden hat. Die Hinweise zu Parallelen zwischen dem Hitchhiker und Kubricks bzw. Clarkes „2001 – A Space Odyssey“ wurde in den Marginalia Futurologica 8 bereits vor einigen Jahren ausführlich abgehandelt.

Die Literaturhinweise sind jedoch leider mit einigen Fehlern gespickt. Die Bände der Hitchhiker-„Trilogie“ erschienen sukzessive zunächst im Rogner & Bernhard-Verlag, dann bei Ullstein und erst später bei Heyne. Das Skript zum Doctor Who-Vierteiler Shada erschien in Buchform erst 1992, und das nur zusammen mit der VHS-Version der niemals fertiggestellten und gesendeten Episoden.
Weit schwerer wiegt, dass der Gratzke auch Bücher aufführt, die es nicht gibt. Weder das Skript noch eine Romanfassung von "Pirate Planet", einer weiteren Doctor Who-Geschichte aus der Feder von Douglas Adams, noch eine 1995er-Version von „The Salmon of Doubt“ sind jemals erschienen. Diese Bücher waren nur angekündigt und sogar mit einer ISBN versehen worden, weshalb sie immer noch im Angebot z. B. des Internethändlers Amazon herumgeistern, komplett mit aktualisierter ISBN-13. Ein solcher Lapsus sollte in einem soliden Reclam-Bändchen nicht passieren, und als Insider-Witz wäre es nur mäßig komisch.

Das Nachwort befasst sich vor allem mit dem respektlosen Umgang mit der Philosophie im Hitchhiker und den schriftstellerischen Qualitäten des Autors und liefert dabei durchaus eine erste Annäherung an eine angemessene Würdigung. Trotz der genannten Mängel kann diese Ausgabe des Hitchhikers schon aus einem Grund empfohlen werden: Sie ist handlich und passt wirklich in jede Tasche.
Alexander Pawlak

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